Freitag, 30. Juli 2010

Vom Grand Canyon zum Lake Powell (7)






Fotos von oben nach unten: (1) Lake Powell, (2) Sandsteinformation am Weg, (3) Anfänge des Colorado Canyon, (4) Grand Canyon

5.7. Page Courtyard Marriott 21.15 Uhr

Der Dämpfer auf die gute Stimmung folgt schnell: Mia hat ihre Brille in Scottsdale – also etwa 500 km entfernt – im Zimmer vergessen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Der Anruf bringt auch wenig – das Housekeeping ist nicht mehr verfügbar.

Der Morgen im Grand Canyon Village beginnt mit einem Frühstück Marke Betriebskantine, aber dabei lernen wir einen netten Bayern kennen, der uns mit nützlichen Informationen zu weiteren Zielen versorgt, da er die Route in der Gegenrichtung unterwegs ist.

Dann nochmals der Weg zum Grand Canyon – diesmal auf die westliche Seite und erfreulicherweise ist die Sicht nun etwas besser. Der Canyon und ich freunden uns an diesem Vormittag an, aber die grosse Liebe wird es dennoch nicht mehr.

Die Strasse Richtung Page führt dann ostwärts aus dem National Park hinaus, wodurch wir noch drei weitere Aussichtspunkte mitnehmen können. Die Himmel ist abermals wolkenlos und die 230 km vor uns werden viel erfreulicher und sehenswerter als erwartet.

Zuerst kommen wir an den Anfängen des Colorado Canyon vorbei. Tiefe, unvermittelte Einschnitte in eine flache, wüstenähnliche Landschaft, die vor allem in der Draufsicht von oben grossartig wirken. Hier klaffen die Kanten nicht kilometerweit auseinander wie am Grand Canyon, sondern der Boden wirkt wie von einem wütenden Erdgott auseinandergerissen.

Doch es kommt noch besser. Wir fahren weiter durch karges Indianderland und die bereits tiefe Nachmittagssonne lässt die bizarren Sandsteinfelsen vor dem tiefblauen Himmel aufleuchten. Meine Frau schiesst Serienfotos aus dem fahrenden Auto und wir können uns beide kaum sattsehen an diesen Farbspielen.

Fast wie in einem Drehbuch muss dann der abermaige Dämpfer kommen. Lisa verliert bei einem Scenic-View-Halt eine Kontaktlinse, die trotz langer Suche unauffindbar bleibt. Andauerndes Schluchzen folgt. Ein echtes Roadmovie lebt aber auch von den Wechseln der Szenen und wir brechen nach einem kurzen, besonders spektakulären Anstieg durch die Sandsteinkette durch. Die Farbe wechselt auf karges Grün, doch wir nähern uns schon dem Ziel – dem Lake Powell. Der klingt im Reiseführer ganz nett – Staudamm, Wassersport und hübsch anzusehen.

Verschwitzt wie wir sind beschliessen drei von uns – Lisa zelebriert lieber ihr Unglück – noch kurz an den See zu fahren. Dieser entpuppt sich aus der Nähe als fantastische Kombination aus den leuchtenden ockerroten Felsen, die in der Abendsonne noch an Farbintensität gewinnen, und Vorboten des Monument Valley in Form eindrucksvoller Tafelberge am nahen Horizont. Warum man in diese traumhafte Szenerie dann relativ nahe ein kalorisches Kraftwerk hineinstellt, wissen nur die Amerikaner. Eine angesprochene Badende meint nur lapidar und eher unverständig, die hätten wohl den Wasserzugang gebraucht. Wir sind dennoch sowohl erfrischt als auch tief beeindruckt.

Der Hunger meldet sich und drei von uns – ja man muss auch sein Leid richtig auskosten – erkunden die gastronomische Szene von Page. Am Beginn Pizza Hut, dann Kentucky Fried Chicken, Taco Bell, Burger King und ein Stück weiter McDonalds.

Taco Bell erweist sich dann als durchaus essbar und wir entsetzen unser Junk Food erfahrenes Kind mit unserem unpassenden Benehmen. Immerhin fragen wir die Mitarbeiterin für den Kundenkontakt auch tatsächlich nach den Produkten. Schon die Frage nach einem Getränk ohne Zucker bringt sie ziemlich aus dem Kontext, dann fällt ihr doch noch Wasser ein. Damit bringt sie sich aber noch weiter in die Bredouille, denn wir fragen nach der Grösse der Flasche. Mehr als „Normal“ weiss sie nach einigen verzweifelten Sekunden dazu nicht zu sagen, dann verschwindet sie verdattert nach hinten, um eine Flasche vorzuweisen. Die Frage, welches Dessert sie denn empfehlen könne, erspare ich allen Anwesenden. Mia erklärt ihren vom Wandel der Zeit offensichtlich überrollten Eltern dann, dass man im Junk-Food-Restaurant einfach nichts fragt, sondern nur bestellt und wenn man die Dinge nicht kennt, dann muss man eben ausprobieren. Da benehme ich mich im Zweifel doch lieber seltsam.

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